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Droht den Banken eine Welle von Strafanzeigen aufgrund nicht offengelegter Retrozessionen?

Gemäss NZZ sollen die Schweizer Banken weiterhin Retrozessionen in Milliardenhöhe zurückbehalten und diese nicht ihren Kunden weitergeben, obwohl die entsprechende grundsätzliche Pflicht in mehreren Gerichtsurteilen bestätigt wurde.

Vor kurzem hat das Bundesgericht die Verurteilung eines Direktors einer Vermögensverwaltungsgesellschaft zu einer Freiheitsstrafe von 4.5 Jahren wegen ungetreuer Geschäftsbesorgung nach Art. 158 Ziff. 1 StGB sowie weiterer Delikte bestätigt, weil dieser unter anderem Retrozessionen und Vergütungen für die Kundenvermittlung im Umfang von rund CHF 400’000 erhielt und seine Klienten darüber nicht informierte (vgl. Urteil des Bundesgericht vom 14.08.2018). Er wurde also nicht für das Zurückbehalten dieser Retrozessionen verurteilt, sondern bereits aus dem Grunde, dass er seine Kunden über den Erhalt dieser Zahlungen nicht informierte.

Aufgrund des Umstandes, dass die Banken sich schwer im Umgang mit den Retrozessionen tun, könnten gewisse Kunden durchaus die Taktik einschlagen, Strafanzeigen gegen die Banken einzureichen und die Staatsanwaltschaft mit den ihr zur Verfügung stehenden Zwangsmassnahmen Informationen sammeln lassen. Zudem können die Kunden als geschädigte Personen und Privatkläger zivilrechtliche Ansprüche aus der Straftat adhäsionsweise im Strafverfahren geltend machen (Art. 122 Abs. 1 StPO). In klaren Fällen dürfte dies ein relativer einfacher Weg sein, kostspielige und langwierige Zivilverfahren zu vermeiden.

Auch verjährungsrechtlich könnte der Weg über das Strafverfahren interessant sein. Art. 60 Abs. 2 OR sieht nämlich vor, dass bei einer Klage, welche aus einer strafbaren Handlung hergeleitet wird und für die das Strafrecht eine längere Verjährung vorschreibt, diese auch für den Zivilanspruch gilt. Der Tatbestand der ungetreuen Geschäftsbesorgung verjährt in 10 bzw. bei einer Bereicherungsabsicht in 15 Jahren (Art. 97 Abs. 1 StGB). Somit könnten Geschädigte unter Umständen sogar von einer längeren Verjährungsfrist profitieren.

Wird das zu einer Flut von Strafanzeigen gegen die Banken führen? Obwohl dies sicherlich ein gangbarer Weg wäre, denke ich nicht, dass das geschehen wird. Für den einzelnen Kunden ist dies aber sicherlich eine Option, die in Erwägung gezogen werden sollte.

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