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Eingeschränkte Akteneinsicht für den Verteidiger im Strafverfahren?

Ich verteidige derzeit einen Mandanten, dem vorgeworfen wird, er habe vor über zehn Jahren sexuelle Handlungen an seiner Ex-Partnerin vorgenommen, als sie bewusstlos bzw. am Schlafen war. Er beteuert, dass es sich um einvernehmliche Handlungen gehandelt hat. Vom fraglichen Abend existieren mehrere Bilder und ein Video, welche mein Mandant aufgenommen hat.

Ein Verteidiger hat das Recht, die Akten in einem Strafverfahren einzusehen. Diese werden ihm üblicherweise zugestellt. So geschehen in diesem Fall. Jedoch wurden mir die Bilder und das Video vorenthalten. Als Begründung gab der Staatsanwalt an, eine Herausgabe dieser Akten würde die Persönlichkeitsrechte der Privatklägerin verletzen. Ich könne diese Daten bei der Staatsanwaltschaft einsehen. Das Problem daran ist, dass ich als Verteidiger diese Daten genauestens studieren muss und ihnen auch ein hoher Beweiswert zukommt.

Daraufhin sahen wir uns dazu gezwungen, eine Beschwerde beim Obergericht des Kantons Zürich einzureichen. Dieses hiess die Beschwerde nun gut und wies die Staatsanwaltschaft an, die Daten an mich herauszugeben (Beschluss der III. Strafkammer vom 23. Oktober 2017). Gleichzeitig auferlegte es mir jedoch diverse Auflagen (keine Weitergabe an Dritte, Unterverschlusshalten der Daten und Rückgabe der Daten an die Staatsanwaltschaft nach Rechtskraft des Verfahrens). Das Obergericht stellte zudem klar, dass Einschränkungen des Anspruches auf rechtliches Gehör (wozu das Akteneinsichtsrecht gehört) gegenüber Rechtsbeiständen nur zulässig sind, wenn der Rechtsbeistand selber Anlass für die Beschränkung gibt (vgl. Art. 108 Abs. 2 StPO). Da ich keinen solchen Anlass gegeben habe, war die Beschränkung des Akteneinsichtsrechts mir gegenüber nicht zulässig. Der Entscheid ist noch nicht rechtskräftig und kann an das Bundesgericht weitergezogen werden.

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