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Kriminelles Mafiatreffen oder harmlose Männerrunde?

2014 ging das Video, welches von der Polizei in einem Boccia-Club eines Restaurants in einem kleinen Thurgauer Dorf heimlich aufgenommen wurde, um die ganze Welt. Auch die Britische Presse berichtete darüber (vgl. Artikel der Dailymail). Der Vorwurf gegen die 15 Männer lautete Beteiligung an bzw. Unterstützung einer kriminellen Organisation. In der Schweiz wurden die Männer nicht verurteilt; die Strafverfahren versandeten im nirgendwo im Keller der Bundesanwaltschaft (vgl. die Aussagen von Bundesanwalt Lauber zu diesem Thema in der NZZ).

Bei den aufgenommen Gesprächen der Männer handelte es sich um allgemeine Aussagen, in denen zwar durchaus mögliche Straftaten erwähnt wurden. Die Gespräche blieben jedoch ziemlich vage und erschienen eher theoretischer Natur. Ab wann sind solche Gespräche strafbar und um welchen Tatbestand handelt es sich? Gemäss Art. 260ter Ziff. 1 StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer sich an einer Organisation beteiligt, die ihren Aufbau und ihre personelle Zusammensetzung geheim hält und die den Zweck verfolgt, Gewaltverbrechen zu begehen oder sich mit verbrecherischen Mitteln zu bereichern (Abs. 1), oder wer eine solche Organisation in ihrer verbrecherischen Tätigkeit unterstützt (Abs. 2). Die Mafia fällt unbestrittenermassen unter den Begriff solcher Organisationen. Für eine Bestrafung reicht es jedoch nicht aus, dass sich jemand lediglich in eine kriminelle Organisation eingliedert, er muss auch aktiv werden. Was heisst aktiv werden? Diese Aktivitäten brauchen für sich allein nicht illegal beziehungsweise konkrete Straftaten zu sein. Es genügen namentlich auch logistische Vorkehren, die dem Organisationszweck unmittelbar dienen (wie z.B. Auskundschaften, Planen oder Bereitstellen der operativen Mittel, insbesondere Beschaffen von Fahrzeugen, Waffen, Kommunikationsmitteln oder Finanzdienstleistungen). Gemäss Bundesgericht kann unter gewissen Umständen sogar das blosse Einrichten eines Facebook-Accounts eine solche Tätigkeit darstellen (vgl. Urteil des Bundesgerichts).

Ob die Handlungen der 15 Männer in der Schweiz bereits eine Tätigkeit im oben beschriebenen Sinne darstellten, dürfte bezweifelt werden (vgl. Artikel der Sonntagszeitung). Damit eine Person in ein anderes Land ausgeliefert werden kann, muss die im Ausland untersuchte Straftat auch in der Schweiz strafbar sein (sog. doppelte Strafbarkeit). In Italien sind die strafbaren Beteiligungsformen an einer kriminellen Organisation aufgrund der Verbreitung der Mafia im Gegensatz zur Schweiz viel schneller erfüllt. Das nützte den Männern im vorliegenden Fall bei der Auslieferung jedoch nichts. Die Schweizer Justiz hat nun auch die letzten von ihnen an Italien ausgeliefert, obwohl die Strafbarkeit ihrer Handlungen in der Schweiz fraglich ist (vgl. Artikel der NZZ).

Eine vermeintlich „harmlose“ Männerrunde kann also durchaus fatale Folgen haben.

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